22.12.2017, TV Sottrum, TC Wieste,

Hanne Werner: „Man muss das Level hochhalten“

Tanzpaar Werner hat 600 Turniere absolviert - ein Bericht der Rotenburger Kreiszeitung



Sottrum/Ottersberg - Von Matthias Röhrs. In diesen Tagen hat das Ehepaar Hanne und Klaus Werner vom TC Wieste sein 500. Standardtanz-Turnier auf höchster Ebene bestritten. Mehr als 600 Auftritte dieser Art hat das Team „KuH“ (Klaus und Hanne), wie es sich nennt, bereits hinter sich. Im Interview am Wochenende berichten sie, warum sie die Faszination am Tanzen auch nach fast 30 Jahren nicht loslässt.




Frau und Herr Werner, Sie haben jetzt mehr als 600 Turniere miteinander getanzt. Wird man dem nicht überdrüssig?




Hanne Werner: Überhaupt nicht, es ist jedes Mal eine neue Herausforderung. Bei jedem Turnier sind andere Paare dabei und die Gruppierungen sind immer unterschiedlich. Klar haben wir im Laufe der Jahrzehnte die meisten anderen Paare kennengelernt. Wer aber nun zu welchem Turnier kommt, kann man im Voraus nie sagen.




Wenn man 30 Jahre miteinander tanzt, kann man das dann nicht im Schlaf? Fehlt nicht irgendwann der Reiz?




Hanne Werner: Nie. Klaus Werner: Meine Frau hat da immer einen ganz guten Vergleich: Es ist wie im Garten. Wenn man an einer Stelle irgendetwas fertiggemacht hat, dann woanders weitermacht, ist Ersteres nach einem halben Jahr wieder weg. Das heißt, man muss permanent versuchen, das Level hochzuhalten – und das in allen Bereichen. Die Konkurrenz trainiert ja auch. Hanne Werner: Einer unserer Trainer hat mal gesagt, dass Tanzen wie Jonglieren mit Tellern ist. Alle Teller müssen im Gang bleiben, aber immer wieder fällt einer herunter. Das Tanzen ist eine so komplexe Angelegenheit: Man muss seine Körperspannung aufbauen, die Balance halten sowie auf Füße, Knie und Hüften achten, damit es funktioniert. Und dann hat man da noch einen anderen Menschen vor sich stehen, mit dem alles zusammen passieren muss.




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Wie halten Sie die Disziplin aufrecht?




Hanne Werner: Wir sind ein Team. Einer fängt immer damit an ... (lacht) Nein, diese Disziplin hat man wie beim Zähneputzen: Man macht es einfach. Wir sind vier, fünf Mal die Woche beim Training. Auch heute waren wir schon zwei Stunden dort. Klaus Werner: Das kann man aber auch nur leisten, wenn man nicht voll berufstätig ist.




Jetzt mal eine Frage nur an Sie, Herr Werner: Wie reagiert Ihre Frau, wenn Sie ihr auf die Füße treten.




Klaus Werner: Ich trete ihr nicht auf die Füße.




Stimmt das, Frau Werner?




Hanne Werner: Das stimmt. Klaus Werner: Das liegt aber daran, dass unsere Körperbeziehungen so aufgebaut sind, dass meine Füße zwischen ihre passen, beziehungsweise außen dran vorbei. Wir stehen ja nicht frontal zueinander, dann würde ja ihr Bein vor meinem stehen, sondern wir stehen versetzt. Hanne Werner: Und das verstärken wir, indem wir eine Körperspannung aufbauen, die bis in die Hände reicht.




Wie sind Sie damals aufs Tanzen gekommen?




Klaus Werner: Als jüngere Leute sind wir öfter mal zum Schwoofen gegangen. Hanne Werner: Wir waren damals knapp 30 Jahre alt und sind gerade aufs Dorf gezogen. Klaus Werner: Und dann waren wir 1989 in Fischerhude beim Tanz in den Mai, gefühlt tausend Leute haben da getanzt. Und ich habe mich so unwohl gefühlt. Hier hat mir jemand seinen Ellbogen reingedrückt, da hat mir jemand auf die Füße getreten, es war furchtbar. Und da meinte ich zu Hanne: „Wenn ich das nicht mehr mitmachen muss, mache ich mit dir einen Tanzkurs.“ Hanne Werner: Später bot im Herbst der Tanzclub Wieste, in dem wir heute noch sind, einen Schnupperabend an. Da sind wir dann hingegangen, damit war es passiert.




 




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Wie verliefen Ihre Anfänge als Tanzpaar?




Klaus Werner: Ich muss sagen, dass ich, als wir damals mit dem Tanzen begonnen haben, das Ganze ein bisschen albern gefunden habe. Ich passte da gar nicht so richtig in diese Schublade, sich zu verkleiden, dann einzumarschieren und sich dann begucken zu lassen von Wertungsrichtern. Dann hat meine schlaue Frau irgendwann gesagt: „Du hast doch immer Theater gespielt, sie es doch einfach als Theaterstück an.“




Sie mussten Sich also erst überzeugen lassen...




Klaus Werner: Genau. Dann haben wir ja angefangen. Damals gab es noch Startbücher, in denen unter anderem das Turnier und die Punktzahl drin standen. Nachdem beim ersten Turnier null Punkte da standen, habe ich gesagt: „Wenn am Ende dieser Seite nach fünf Turnieren – immer noch null Punkte da stehen, mache ich nicht mehr weiter.




Haben Sie schon mal zu Hip-Hop getanzt?




Klaus Werner: Nein.




Können Sie sich das noch vorstellen?




Hanne Werner: Jetzt nicht mehr, nein. Klaus Werner: Wir haben mal einen Rock-‘n’-Roll-Kurs gemacht, das fanden wir ganz gut. Hip-Hop-Tanz gab es damals noch gar nicht.




Gerade in Lateinamerika gilt Tanz als Ausdrucksform. Inwieweit trifft das auf Sie zu? Oder sehen es mehr als Sport?




Hanne Werner: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Das Standardtanzen ist in unserer Altersklasse immer sportlicher geworden, es sind sehr viel Körpereinsatz und sehr viel Kraft in den Beinen erforderlich. Aber ein englischer Trainer hat mal gesagt: „Die Füße tanzen den Takt, aber der Körper tanzt die Musik.“ Und wir sind ein Paar, das immer viel Spaß daran hat, die Musik sozusagen im Körper zu verteilen.




Sie haben es eingangs schon gesagt, nach 600 Turnieren kennen Sie die anderen Paare ganz gut. Wie ist das Verhältnis untereinander?




Klaus Werner: Meistens ist es – gerade in unserer Altersklasse – ganz positiv. In den jüngeren Klassen ist es häufig so, dass der Konkurrenzdruck sehr groß ist und sich die Paare diesen Konkurrenzdruck auch selbst machen. Bei uns ist es, bis auf wenige Ausnahmen, nicht mehr so.




War es früher anders?




Hanne Werner: Ja. Aber jetzt in der höchsten Klasse tanzen die Paare nicht mehr um Aufstiegspunkte, sondern sie treffen sich bei den Turnieren, tanzen auch um die Rangfolge – keine Frage –, aber man begrüßt sich sehr nett, man plaudert. Es ist immer wieder ein Treffen. Manche Paare sind dabei, obwohl sie wenig erfolgreich sind. Auch wenn sie immer letzte werden, kommen sie immer wieder und freuen sich, wenn man sich sieht. Das ist eine Art Familientreffen.




Tanzen Sie auch mal „fremd“? Mit anderen Partnern.




Klaus Werner: Ungern (lacht). Hanne Werner: Nur, wenn wir Unterricht geben oder selbst beim Trainer sind. Es geht dann darum, ein bestimmtes Gefühl besser zu vermitteln beziehungsweise vermittelt zu bekommen.




Ich als Laie frage mich, ob es nicht sinnvoll wäre, auch regelmäßig mit anderen Partnern zu tanzen.




Klaus Werner: Das könnte sein, aber es geht ja um Feinabstimmung. Und Feinabstimmung kann man nur erreichen, wenn man immer „fein“ miteinander arbeitet. Hanne Werner: Wir haben natürlich auch unseren Anspruch, aber am Ende tanzen wir ja auch, weil wir schöne Musik haben und miteinander tanzen wollen. Wir brauchen auch immer die freudigen Momente, wo wir sagen: „Wow, das war schön, das hat sich gut angefühlt.“




Bei mehr als 600 Turnieren dabei:




Seit beinahe 30 Jahren machen Hanne (70) und Klaus (72) Werner aus Benkel, dass zum Flecken Ottersberg gehört, bei Tanzturnieren mit. Seit 1986 sind sie Mitglieder beim TC Wieste, der dem TV Sottrum angegliedert ist und für den sie immer noch antreten. Auch Unterricht geben sie im Verein. Das erste Turnier des Ehepaares Werner war am 28. Oktober 1989. Seit dem sind mehr als 600 Turniere zusammengekommen, genau 500 davon in der sogenannten Sonderklasse, der höchstmöglichen Tanzklasse. Zu den größeren Erfolgen des Paares gehört ein Landesmeistertitel. „Aber es ist eher die Kontinuität auf hohem Niveau“, sagt das Paar, „die der eigentliche Erfolg ist.“